Pure
Sensia bietet Empfang über WLAN, UKW und DAB/DAB+
- komplett
veröffentlicht in der PDF-Ausgabe
FE 43 (20.2.2010)
Das
Twitter-Wetter-Radio für die „Generation Facebook“
Als
„das Internetradio für die Generation Facebook“ und „weltweit erstes
Multimedia-Radio mit großem, berührungsempfindlichen Farbdisplay“ bezeichnet
der britische, nach eigenen Angaben weltweit führende Digitalradio-Hersteller
Pure das im Oktober 2009 in London erstmals vorgestellte Sensia. Das „Ei des
Digitalis“ bietet neben UKW und Digitalradio DAB/DAB+ die Möglichkeit,
Podcasts anzuhören oder sich über „Apps“ wie Twitter und Facebook mit den
Freunden auszutauschen. Das Internetradio kann sogar den aktuellen Wetterbericht
auf seinem Farbdisplay anzeigen. Es steht erst am Anfang seiner Möglichkeiten,
die durch Updates der Betriebssoftware nach und nach erweitert werden sollen.
Dieter Hurcks hat ein Vorserienmodell des Geräts getestet.
Links: Der Evoke 1 Tri-Band, ebenfalls von Pure, empfängt bei DAB- und
UKW-Betrieb deutlich besser; Mitte WLAN-Empfang eines Country-Senders.
Rechts: Sendersuche bei DAB - nicht auf Anhieb zu erkennen.
Ehe
ich in den Test einsteige, muss zunächst die Betriebssoftware aktualisiert
werden. Das geht halbautomatisch vonstatten und dauert etwa eine Viertelstunde.
Zum Zeitpunkt des Tests (ab 28.12.2009) war Version 1.5 aktuell. Ein deutsches
Handbuch lag noch nicht vor. So musste ich mit den virtuellen Präsentationen im
Internet auskommen und war ansonsten aufs Probieren angewiesen.
Durch
Updates sind alle Funktionen veränderbar, sogar die Klangqualität ist keine
Konstante und kann laut Pure Änderungswünschen der Benutzer angepasst werden.
Ähnlich wie bei Apples iPhone können externe Programmierer Anwendungen für
Sensia entwickeln und zur Verfügung stellen.
Steuerung
per Finger
Was
bietet das eiförmige, in einer flachen Schale auf dem Tisch stehende und in der
Neigung leicht verstellbare Gerät im Plastikmantel überhaupt? Natürlich fällt
neben der ungewöhnlichen Form zunächst der große Farb-Touchscreen auf, über
den sich alle Funktionen per Fingerkuppe steuern lassen. Das ist innovativ! Vor
allem das Weiterblättern und Scrollen mag aber für viele ältere
Radioliebhaber doch ziemlich gewöhnungsbedürftig sein, während jugendliche
iPhone-Nutzer damit keine Probleme haben dürften.
Durch
Medien-Streaming über WLAN (ein LAN-Anschluss ist nicht vorhanden) können
Sensia-Nutzer sogar ihre auf der PC-Festplatte gespeicherte Musik hören.
Hilfreich dabei ist der Pure Flowserver: ein einfaches Programm für PC oder
Mac, das als Musik-Server dient, so dass die auf dem Computer gespeicherte
Musik per Streaming auf das Radio übertragen werden kann.
Der
in der Diagonale 14 cm (5,7 Zoll) große und hochauflösende (640 x 480 Pixel)
Touchscreen lädt Audiofans dazu ein, ihr Radio neu zu entdecken, indem sie
durch Listen scrollen, durch Berühren eine Auswahl treffen, über die
Kontrollfelder gleiten oder per Tippen auf ein Symbol die Ansicht wechseln. Zusätzlich
gibt es eine Vielzahl weiterer Services wie beispielsweise Digitalradio mit
Diashow (bislang vorwiegend von britischen Sendern angeboten) und eine Reihe
neuer Anwendungen zu Bereichen wie Wetter, Nachrichten, Picasa, Facebook oder
Twitter. Laut Pure gehen mit diesem Gerät „Rundfunk und Internet Hand in
Hand, um gemeinsam ein überragendes Klangerlebnis zu schaffen.“
Internetradio „The Lounge“
Die
Internetradio- und Mediaplattform „The Lounge“ (www.thelounge.com) bietet
ihren Nutzern Zugriff auf ein Verzeichnis der besten Inhalte im Internet und
hilft gleichzeitig, Lieblingssendungen, -radiostationen und -dienste webbasiert
zu verwalten. Zusätzlich ist über Sensia und „The Lounge“ eine Auswahl von
Klängen (Pure Sounds) erhältlich, die laut Pure „entspannend oder einschläfernd
wirken oder ihren Nutzer gut gelaunt aufwachen lassen“. Darunter etwa die von
einer Akustikgitarre gespielten Töne E, A und D, Vogelzwitschern tagesaktiver Sänger,
ein arktischer Schneesturm oder das Geklappere einer alten Schreibmaschine.
Außerdem unterstützt Pure die „Clearsound-Technologie für einen satten 30 W
RMS Stereoklang“. Sensia ist ausgestattet mit einem Eingang für iPod oder
andere MP3-Player, einem Wecker, einer Countdown-Funktion, der
Einschlaf-Funktion sowie einem Ausgang für Kopfhörer. Wer möchte, kann sein
Sensia zusätzlich mit dem wiederaufladbaren Pure ChargePAK ausstatten, um so überall
mobil DAB- (nur Band III) und UKW-Radio zu hören und im WLAN-Netz auf
Internetinhalte zugreifen zu können. Ein weiterer Vorteil: Durch die beigefügte
Funkfernbedienung (acht Tasten) lässt sich das Gerät
steuern. Man muss allerdings möglichst frontal davor stehen. Die von Pure
angegebene Arbeitsentfernung von zehn Metern konnte ich trotz neuer Batterien
nicht nachvollziehen: Die Hälfte ist realistisch.
Links: Geschützt im Beutel geliefert; Mitte: Lieferumfang und Verpackung;
rechts: Akku für Mobilbetrieb.
Fotos: Hurcks
Lieferung
im Beutel
Das
Sensia wird in einem schwarzen Beutel geliefert, damit die glänzende Oberfläche
keine Schramme abkriegt. Nach dem Auspacken stellt man das Gerät einfach lose
auf den mitgelieferte, schalenförmigen Sockel, flanscht den für deutsche
Steckdosen mitgelieferten Adapter an das Netzteil und zieht die Schutzfolie vom
Display ab. Zum Schluss kann man noch den Spezialakku einlegen, mit dem sich das
Sensia, das an der Unterseite ein Stativgewinde besitzt (wozu?), sogar mobil
betreiben lässt. Ein bunt bebildertes englischsprachiges Heftchen erläutert
die Grundfunktionen. Die deutschen Versionen dürften aber bald folgen.
Nach
dem Verbinden mit dem Stromnetz erscheint auf dem Display „Time not
available“; anschließend sucht das Gerät nach Digitalradiostationen.
Ergebnis am Platz neben unserem Referenzgerät Evoke 1 vom gleichen Hersteller:
„No stations found“. Das verwundert dann doch, empfängt der Receiver vom
gleichen Hersteller doch immerhin mit rund 70 % Signalstärke. Auch direkt am
Fenster im Büro: kein DAB-Empfang!
Ein
Blick in die etwas chaotische, laut Pure-Sprecher Ralf Reynolds am iPhone
orientierte Kurzanleitung namens „Quick start“ hilft auch nicht weiter. Das
Faltblatt zeigt keine Lesereihenfolge an, nach der der Käufer vorgehen sollte,
zwingt dazu, das Papier ständig umzudrehen und unter sechs Sprachen jeweils die
gewünschte herauszusuchen. Bei einem Preis von 349 Euro sollte doch eine vernünftige
gedruckte Bedienungsanleitung statt dieser „Suchanleitung“ drin sein. Laut
Pure soll sie ja 2010 fertig sein und zum Download bereit stehen. Drucken muss
der Käufer das Manual dann allerdings selber.
DAB-
und UKW empfangen
Mangels
ausführlicher Anleitung heißt es nun „Probieren“ statt „studieren“,
wobei gleich die gepriesene „intuitive Benutzeroberfläche“ ihre Qualitäten
offenbaren kann. Wie immer bei einem neuen Gerät heißt es, Zeit, Zeitzone,
24-Stunden-Anzeige und Datum einzustellen - jedenfalls so lange, bis das Gerät
über WLAN mit dem Router und dem Internet verbunden ist. Dann werden Zeit/Datum
automatisch aktualisiert. Wochentag und Monat werden derzeit noch unveränderbar
als englische Abkürzungen dargestellt.
Da
die Benutzerführung am Testgerät zum Testzeitpunkt (Ende Dezember 2009) nur in
Englisch erfolgt, versuche ich es nach dem Misserfolg mit DAB-Radio nun auf der
ultrakurzen Welle. Auch hier ist der Erfolg dürftig: Kein einziger Sender kommt
rauschfrei rein. Auch das Vergleichsgerät Evoke 1 ist nicht gerade ein
Kraftprotz auf UKW, empfängt aber wesentlich besser. Ob es an der recht
korpulenten Teleskopantenne des Sensia liegt, die auch für DAB zuständig ist
(die WLAN-Antenne ist ins Gehäuse integriert)? Egal, den Käufer interessiert
das Ergebnis, und das ist enttäuschend. Selbst unterm Dach, wo bei uns die
besten Empfangsbedingungen herrschen, rauscht es auf UKW - auch bei der
Einstellung Mono. Immerhin kommen nun alle hier verfügbaren DAB-Sender rein,
zwischen denen sich blitzschnell umschalten lässt. Ein Anschluss für eine
externe Antenne ist nicht vorhanden.
Pure-Sprecher
Reynolds dazu: „Hierbei hat auch wieder die Software einen erheblichen
Einfluss auf das Gerät und seine Funktionen. Ein Hybrid-Radio (wie das Sensia)
und ein (reines) UKW/DAB-Radio sind schon Welten Unterschiede, und hierzu kommt
noch die Steuerung per Touchscreen. Auch hier wird die Funktion und
Bedienbarkeit unseres SENSIA verbessert.“ (Worte in Klammern von der Redaktion
ergänzt)
Empfangsvergleich
DAB:
Evoke 1 XT TRi-Band im Wohnzimmer (Erdgeschoss, schlechter Empfang): 90 %
Signalpegel; Sensia unterm Dach: nur 84 %.
Auf
UKW lässt sich automatisch suchen oder manuell in 50-kHz-Schritten. Ein
Fingertipp befördert den Zeiger an die berührte Stelle der Skala.
Unbeabsichtigte Aktionen passieren leicht, wenn man nicht aufpasst.
Einen
Sender in der Favoritenliste zu speichern ist ganz einfach: „Einfach rechts,
dort wo der Sendername steht, auf das Herz klicken, und schon ist er zu den
Favoriten hinzugefügt worden.“ Das funktioniert bei allen drei Betriebsarten.
Sensia
bei der Sendersuche, vorn die etwas spartanische Fernbedienung: Rückseite mit
Akku,
USB-Anschluss, Aux In und Kopfhöreranschluss. Fotos: Hurcks
Radio
übers Internet
Nun
soll es also ins Internet gehen, dem liebsten Tummelfeld der angepeilten
„Generation Facebook“. Den Router findet das Sensia sofort, und der WEP-Schlüssel
ist über die virtuelle Tastatur schnell eingegeben, wenn man es erst einmal
geschafft hat, auch die Ziffern zu finden.
Möchte
man nun seine Lieblingssender hören, steht man vor einem Problem: Aufs
Internetradio kann man nur über die Plattform „The Lounge“ zugreifen. Der
Zugriff auf bestimmte Stationen, die ich gewöhnlich höre, gelingt mir partout
nicht. Ich sehe nur die von dem Pure-Portal vorgegebene Übersicht, zum Beispiel
eine ganze Reihe von Sendern, die (englische) Weihnachtslieder spielen. Über
die Webseite www.thelounge.com
lassen sich zu den laut Pure vorhandenen 14.000 jedoch Sender hinzufügen, falls
tatsächlich mal einer fehlen sollte. Dazu muss man sich allerdings erst mit
zahlreichen Daten anmelden. Da die Straße, in der ich wohne, einen Umlaut enthält,
wird die Adresse nicht akzeptiert. Wird das „ü“ durch „ue“ ersetzt,
kann man mit der Eingabe seiner Daten fortfahren. Dazu gehört auch die
Seriennummer des Radios. Aber wo finde ich diese?
Nachdem ich im
Help-Center das Wort „Serial“ eingegeben habe, gelange ich auf eine Seite,
wo beim Evoke der Aufkleber mit der Seriennummer abgebildet ist. Ich gehe auf
die Suche nach einem solchen Aufkleber und finde ihn schließlich unter dem
Karton. Nach der Eingabe wird mir schließlich der sechsstellige
Registrierungscode des Radios mitgeteilt, den ich nun nur noch am Sensia
eingeben muss. Unter „Settings“, versteht sich. Danach gelangt man auf die
Seite thelounge.com und kann nun beginnen, das Radio einzurichten.
Nun
muss also doch irgendwo her eine deutsche Anleitung kommen! Denn das Geheimnis
liegt darin, dass man „The Lounge“ nach der Registrierung erst im Internet
nach eigenem Gusto einrichten sollte. Dort kann man dann Musikstücke oder Geräusche
ablegen, um sie als Wecktöne einzusetzen, und seine Favoritenliste füllen.
Diese steht dann direkt am Sensia zur Verfügung.
In
der Senderansicht lassen sich die Stationen per Fingerbewegung schnell oder
langsam scrollen.
Eigene
Internetseite
Die
eigens für Sensia entwickelte „Mikroseite“ www.touchmyradio.com/de bietet
eine interaktive 3D-Übersicht sowie eine virtuelle Führung mit dem Moderator
Barny Barnsteiner von Rock Antenne als Sprecher. Weitere Informationen finden
sich auch unter www.pure.com/de und www.thelounge.com - einschließlich einer
dreidimensionalen Darstellung, in der sich das Radio sogar drehen und wenden lässt.
Fazit:
Hightech-Spielzeug
Das
Pure Sensia ist ein nicht gerade billiges Spielzeug für fortschrittliche
Menschen, die sich nicht vor neuen Technologien scheuen, ebenso spitze Finger
wie eine schnelle Reaktion haben und experimentierfreudig sind. Das berührungsempfindliche
Display, das dem Gerät seinen Namen gibt, ist sehr gut ablesbar, die Bedienerführung
tatsächlich meistens intuitiv. Der (derzeit noch nicht beeinflussbare) Klang
der beiden im „Ei des Digitalis“ untergebrachten Lautsprecher ist satt und für
meinen Geschmack angenehm. Eine Aufzeichnungsfunktion ist nicht vorhanden. Dafür
kann man abgespielte Musik mit einer Bilderschau verknüpfen. Schaltet man das
Gerät erneut ein, wird die zuletzt genutzte Funktion fortgesetzt.
Betrachtet
man die mäßige Empfangsqualität beim UKW- und DAB-Empfang, dann reduziert
sich das Sensia auf ein multmediales, aber äußerst innovatives und derzeit
wohl in dieser Form weltweit einmaliges Multimedia-Webradio.
Nach
den Ankündigungen von Pure-Sprecher Ralf Reynolds dürfte es 2010 eine Menge
innovativer Anwendungen für den Sensia geben. Zukünftige Upgrades von DAB+
werden unterstützt. Wir sind sehr gespannt!
Links: Zugriff auf die verschienen Quellen (Source); Mitte: das Lounge-Menü
bei einer nicht gefundenen Station; rechts: Pure-Geräuschebibliothek
beim Abspiel des Geklappers einer alten Schreibmaschine. Screenshots: Hurcks
Auf einen Blick
Getestet:
Pure Sensia Stereo-Digitalradio
mit vollem DAB Band-III- und UKW-Empfang. Unterstützung für UKW-RDS und
Radio-Text. Zukünftige Upgrades für DAB+ werden unterstützt.
Wireless-Daten:
802,11b und 802,11g, WEP- und WPA/WPA2-Verschlüsselung
Frequenzbereiche:
Band III 174-240 MHz und UKW 87,5-108 MHz
Streaming-Medien:
Unterstützte Audio-Codecs einschlielich WMA (Standard V9), AAC, MP3, MP2, Real
Audio. Streaming-Medien benötigen einen UPnP-Server oder UPnP-Serversoftware für
PC/MAC (bei Registrierung unter www.thelounge.com erhältlich)
Lautsprecher:
Zwei 3-Zoll-Full-Range-Lautsprecher
Audioausgabe:
15 Watt eff. je Kanal; 30 W RMS gesamt
Eingänge:
14,3 V DC Netzadapterbuchse (230/110 V im Lieferumfang enthalten). Anschluss für
Akku (ChargePAK). 3,5 mm Line-in für externe Geräte. USB-Eingang (Typ Mini B)
für Produktupgrades
Ausgänge:
3,5-mm-Buchse für Stereokopfhörer
Bedienelemente:
5,7"-Touchscreen (14 cm), Standby-Tastschalter
Fernbedienung:
Sensia-Funkfernbedienung
Speicherplätze:
30 x DAB, 10 x UKW und unbegrenzte Internetradio-Favoriten (maximal 10 bis zur
Registrierung auf www.thelounge.com)
Anzeige:
TFT-Display, Berührungssensor, 64.000 Farben, 640 x 480 Pixel
Netzbetrieb:
Externes Netzteil (230/110 V AC nach 14,3 V DC)
ChargePAK:
Zusätzlich erhältlicher Akkusatz. Mit ChargePAK E1 für bis zu 10 Stunden
mobilen Betrieb
Abmessungen
(mm): 166 H x
280 Be x 180 T (ohne Sockel)
Gewicht: 1,9
kg (ohne ChargePAK E1)
Antenne: Fest
installierte Teleskopantenne, interne WLAN-Antenne
Preis:
349 Euro (Stand: 12/2009)
Info
u.a.: www.touchmyradio.com/de
Blick auf die Pure-Homepage mit vielen Erläuterungen zum Sensia.
Stand: 12/2009