CeBIT
- das Ende war absehbar
Erinnerungen an die einst weltgrößte
Computermesse 1983 bis 2016
Eine Rückschau auf 33 Messebesuche von
Dieter Hurcks - Fotoschau
Messerundgang mit Kompass? Ja, so war das bei mir,
als ich 1985 als Journalist zum dritten Mal das CeBIT – das Centrum für Büro-
und Informationstechnik – besuchte. Ich wollte mich nicht wieder, wie in den
beiden Jahren zuvor, in der riesigen Halle 1, in der es untergebracht war,
verlaufen. Sogar auf dem Dach brauchte man pfadfinderische Fähigkeiten, fanden
selbst dort oben manchmal in kleinen Pavillons Pressegespräche statt.
Größte Halle der Welt zu klein
Als die damals vermutlich größte Messehalle der Welt doch
zu klein geworden war, schlug die Geburtsstunde der eigenständigen CeBIT. Die
CeBIT, wie man sie nun durchweg benannte, wuchs im Laufe der folgenden Jahre rasant mit der Neuheitenexplosion bei
Computertechnik und IT. Neue Hallen wurden gebaut, zu klein gewordene veraltete
Gebäude wie die Halle 9 durch moderne ersetzt.
Die CeBIT wurde zum Event, bis sie mit dem
Aufkommen des Internets immer mehr an Bedeutung verlor. Die Vorherrschaft der
Hardware, die man oft als erstes auf dem hannoverschen Messegelände wirklich
anfassen konnte und wollte, ging verloren. Software gewann die Oberhand. Und die
konnte man auch über das Internet kennenlernen.
Arbeitsplatz
1983: Der
Atari 600 XL machte dem Commodore 64 Konkurrenz
Computer fürs Heim
1983 schickte mir die Pressestelle von Atari
freundlicherweise den Heimcomputer Atari 600 XL, der dem Commodore 64 Konkurrenz
machte. Er war ab November 1983 für 549 DM im Handel und wurde überwiegend für
Computerspiele genutzt. Dazu gab es einen Walzendrucker, der trotz seiner
Langsamkeit enormen Lärm veranstaltete. Bald konnte man seine Daten sogar
speichern: auf biegsamen Floppy-Disks
mehr auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Atari_600XL
Ich schrieb während meiner journalistischen Tätigkeit
Jahr für Jahr über die Neuheiten der Branche, die damals noch die Welt
elektrisierten. Die ersten CD-Player, die bald durch die CD überholten und
abgelösten Bildplattenspieler, digitale Fotoapparate, Laserdrucker,
Texterkennungssoftware, die Schreibmaschinentexte in den PC einlas, Farb- und
Laserdrucker – es ging Schlag auf Schlag. Apple präsentierte die
Spracherkennung, der Mobilfunk boomte, die Geräte wurden immer kleiner.
CeBIT ab 1986 eigenständig
Dann kam der große Schnitt: Am 12. März 1986 wurde
die Cebit als eigenständige Messe eröffnet. 2.142 Aussteller, 334.400
Besucher. Überschattet wurde die Premiere
vom Tod des Paderborner Computerpioniers Heinz
Nixdorf auf dem Messegelände am 17. März. Als junger Journalist hatte ich
seit 1974 zunächst als freier Mitarbeiter und 1980/81 als Lokalredakteur in
Paderborn gearbeitet und Heinz Nixdorf, einen Freund meines Lokalchefs, persönlich
kennen gelernt. Auf der Nixdorf-Party in Hannover hatte ich ihn noch tanzen
gesehen. Umso erschütterter war für mich die Nachricht seines Todes. Ein Mann,
der sehr viel für Paderborn geleistet hat und dort unvergessen ist. Wer die
Stadt mal besucht, sollte sich unbedingt das Nixdorf-Forum anschauen.
Der CeBIT-Rummel ging unverdrossen weiter. 1995
stellte Microsoftgründer und -chef Bill Gates Windows 95 vor. Die Messe zählte
755.000 Besucher. 1999 wurden die ersten MP3-Player vorgestellt und
Digitalkameras mit einer Auflösung von damals sensationellen zwei Megapixeln.
Höhe- und Wendepunkt war das Jahr 2001 mit
830.000 Besuchern. Diese hatten Mühe, trotz der guten Infrastruktur rund um das
Messegelände dieses überhaupt zu erreichen. Selbst die Schleichwege waren
verstopft, so dass ich das erste Mal mit der Stadtbahn zur Messe fuhr.

Presseausweis der ersten von zwei Messen der CeBIT Home und
meiner zuletzt besuchten CeBIT;
rechts: Motorolas tragbares Funkgerät von 1940 und das 88 g leichte StarTAC 130
aus dem Jahr 1998
Fehlgriff CeBIT Home
Ab 1996 gab ich mein eigenes Magazin RADIO-SCANNER
heraus. Viele Firmen aus der Funktechnik und Unterhaltungselektronik hatte ich
auf der CeBIT direkt vor der Haustür. Sie füllten damals einen Großteil der
neu erbauten Halle 26 und lockten viel privates Publikum auf die Messe, das für
viel Trubel sorgte und ständig auf der Jagd nach Werbegescheken war, was den
Profis von den Weltkonzernen nicht passte. Für dieses Publikum richtete die
Messegesellschaft daher 1996 die CeBIT Home ein. Aber der Schuss ging nach
hinten los.
Bildplattenspieler (1983) wurden schnell von der DVD
verdrängt
Georg Schnurrer schrieb dazu auf heise.de
sehr gut nachvollziehbar und authentisch: „Auf der CeBIT
selbst sollte es nicht mehr laut zugehen. Anzugträger sollten in gediegener
Atmosphäre hochkarätige Geschäfte abschließen können, ohne von lärmenden
oder gar begeisterten Endkunden gestört zu werden. ... Die CeBIT Home wurde
nach dem zweiten Mal, 1998, eingestellt. Doch die Ausgrenzung von Spiel und Spaß
hatte Nebenwirkungen: Die verprellten Unternehmen hatten sich längst andere
Messen gesucht, auf denen sie ungestört von Schlipsträgern ihre Geschäfte
abwickeln konnten.“
Nächster Rückschlag ein paar Jahre später: Die Terroranschläge in den USA
vom 11. September 2001 hatten zur Folge, dass jede Menge ausländischer Gäste
2002 zuhause blieben. Ein letztes Aufbäumen: 2003 begann der Handyboom; und
Sprachsteuerung wurde zum Synonym für den Fortschritt. mehr: https://de.wikipedia.org/wiki/Cebit
Sogar Elektrofahrräder gab es auf der CeBIT als Beiwerk zu
sehen
Pressemappen adé
Hatte ich in den ersten Jahren immer meinen
„Hackenporsche“ (Einkaufswagen für Senioren) dabei, um die eingesammelten
meist ziemlich dicken und schweren Pressemappen zum Presseparkplatz zu bringen
und im Kofferraum meines Autos zu verstauen, so war das bald nicht mehr nötig.
Presseinformationen und Fotos wurden zunehmend auf CDs mitgegeben, ehe man dann
Pressefächer im Internet einrichte, in denen sich der akkreditierte Journalist
bedienen konnte. Eine spannende Zeit!
2016 folgte dann mein 33. und letzter
CeBIT-Besuch. Ich fand einfach nichts mehr, was mich interessierte und was ich für
meine Publikationen verwerten konnte. Mein CeBIT-Presseausweis mit der Nummer
139 hatte für immer ausgedient. Unvergessen bleibt mein erstes Erlebnis mit
einem Mobiltelefon. Auf der Toilette verschwand in japanischer Messegast in
einem Kabäuschen. Wenig später klingelte dort ein Telefon, besser: es piepte,
und der Mann fing an, lebhaft für mich unverständliches Zeugs zu brabbeln. Ich
wartete am Ausgang, bis er herauskam, immer noch lebhaft telefonierend. Seine
Telefon muss wenigstens zwei Kilo gewogen haben ...
Computerspiele lockten 1983 auch die Jugend zur CeBIT
CeBIT-Beiträge u.a. für:
wöchentliche Video- und Computerseite bei einer
Tageszeitung (1982 bis 1990)
Fachhandelszeitschrift COMSHOP (11/1987 bis 5/1990)
ComputerTeam (ab 10/1985)
Computer Generation (ab 3/1986)
MSX Revue (ab 4/1986)
MSX Info Atari ST (ab 4/1987)
Magazin für Funk- und Radiotechnik RADIO-SCANNER
(1996-2005)
Onlinemagazin FUNKEMPFANG.DE (2005 bis 2018)
Onlinemagazin radtouren.net (ab 1999)
Fotoschau PC
und Video
Vor 45 Jahren: Das
CeBIT öffnete in Halle 1
Wer diese Halle betritt, lässt alle Hoffungen fahren, witzelten viele, als 1970
das "Centrum für Büro- und Informations-Technik" eröffnet wurde. weiterlesen
Ade CeBIT: #4191 sagt Tschüss
Die
Cebit ist tot – Zeit für einen Rückblick. Detlef Borchers erinnert sich an
seine Geschichte mit der IT-Messe und weiß auch, wann das Ende begann. weiterlesen
Kommentar:
Die CeBIT starb am Selbstmord auf Raten
Erst
mit Business-Wahn, dann mit Event-Kasperei hat sich die CeBIT abgeschafft. Dabei
hätte sie wieder der Markplatz der IT werden können, denkt Georg Schnurer.
weiterlesen
Aus für die Cebit: Die IT-Messe wird eingestellt
Der
Vorstand der Messe AG sorgt für ein abruptes Ende der traditionsreichen
Computer- und Telekommunikations-Fachmesse.
weiterlesen
Reaktionen zum Cebit-Aus: Chance zur Neuerfindung oder
fatales Signal?
Wie
nötig ist eine Digitalmesse, wenn Digitalisierung so gut wie alle Branchen prägt?
Das Cebit-Aus war bedauerlich, aber absehbar, so die meisten Reaktionen. weiterlesen
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